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Das Facettenkreuz


Symbol der Evangelischen Kirche Hessen Nassau

Rom, in den ersten drei Jahrhunderten nach der Zeitenwende. Die frühen Christen treffen sich meist heimlich, denn sie gehören über weite Strecken zu den verfolgten Minderheiten des Römischen Weltreiches. Sie feiern Gottesdienste in Privathäusern und in den Katakomben, engen unterirdischen Gewölben, wo ihre Toten be­stattet liegen. Da sie stets Gefahr laufen, entdeckt zu werden, verständigen sie sich mit Hilfe von geheimen Erkennungszeichen. Der Fisch gehört dazu, das Lamm und die Taube. Das älteste, all­gemeinste und bekannteste Erkennungssymbol der Christen aber war und ist bis heute das Kreuz. Von Anfang an ist es das «Logo» der Christenheit.

So konkurrenzlos das Kreuz als Logo der Christenheit ist, so viel­fältig waren immer schon die Formen, in denen es dargestellt wur­de. Die bei uns häufigste Gestalt, das sogenannte «Lateinische Kreuz», war von Anfang an nur eine Spielart unter vielen. Das An­dreaskreuz, das Malteserkreuz, das «Russische» Kreuz, das Jeru­salem-Kreuz sind andere, weltweit bekannte Varianten des Kreuz­ssymbols, das im heidnischen Germanentum beheimatete Haken­kreuz der Nationalsozialisten ist seine wohl größte denkbare Perversion.

Zu den aussagekräftigsten modernen Darstellungsformen gehört das in der Evangelischen Landeskirche von Hessen und Nassau zu Beginn der neunziger Jahre aufgekommene Kasten- oder Facetten­kreuz. Es besteht aus acht miteinander verbundenen Quadraten. Im Innenraum der Quadrate bildet sich die Form eines griechischen Kreuzes heraus, also eines Kreuzes mit exakt gleich langen Seiten. Was so visualisiert wird, ist zwar nicht die mathematische Unmög­lichkeit einer Quadratur des Kreises, wohl aber die symbolträchtige Quadratur des Kreuzes.

Das Facettenkreuz spiegelt die vielgestaltige Einheit der Kirche wider. Die acht Quadrate können acht unterschiedliche Arbeitsbe­reiche oder inhaltliche Profile der Kirche symbolisieren, die um eine Mitte, nämlich das lebensspendende Kreuz Christi herum, versam­melt sind und von dieser Mitte her Sinn und Bedeutung entfalten.

Eine eindeutige und für alle gültige Interpretation des Facetten­kreuzes gibt es nicht. Wie alle echten Symbole ist es in sich selbst reicher und sprechender als begriffliche Erklärungsversuche. Es steht der Interpretation der Betrachterin oder des Betrachters offen und deren Wahrnehmung, Pluralismus und Profil, Vielheit und Einheit der einen, auf Christus sich gründenden Kirche.

Es ist nicht verwunderlich, dass das Facettenkreuz - mit oder ohne den mit ihm verbundenen Slogan evangelisch aus gutem Grund in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau eine sehr hohe Akzeptanz und Verbreitung gefunden hat.

Dieses Kreuz ist leicht zu erkennen. Das stärkt die Bereitschaft zur Identifikation. Nachdem es mehrere andere evangelische Landes­kirchen und Kirchenkreise etwa im Rahmen ihrer Kirchenwahlen übernommen haben, hilft es vielleicht bei Übernahme durch weitere Landeskirchen, die Einheit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu stärken. © Eberhard Martin Pausch

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